Bauhaus-Treppe 1928, Mitglieder der Weberei, Foto in Kollaboration mit Oskar Schlemmer
Wurzeln der Moderne
Editorial aus ProgrammZeitung 01/2019
Dagmar Brunner
Es ist eines der markanten Jubiläen, das 2019 mit zahl-reichen Anlässen, Publikationen und grossen Ausstellun-gen gefeiert wird, namentlich in Weimar, Dessau und Berlin, aber auch andernorts: 100 Jahre Bauhaus. Den Auftakt macht ein neuntägiges Festival in Berlin mit Fokus auf Bühnenproduktionen, doch auch die kleineren Städte haben viel zu bieten, sogar drei neue Museen werden eröffnet.
Die wechselvolle Geschichte der Institution begann im
April 1919 in Weimar, wo der Architekt Walter Gropius die örtliche Kunstschule und die Kunstgewerbeschule zum Staatlichen Bauhaus zusammenführte. Wie sein Vorgänger Henry van de Velde und noch früher William Morris enga-gierte er sich für Reformen und konzipierte ein Zentrum, in dem Architektur, Kunst und Handwerk gleichwertig und
die Werkstätten industrienaher Gestaltung verpflichtet sind, Lehrende und Lernende sich in Arbeitsgemeinschaften und zu einem ‹Einheitskunstwerk› verbinden. Er berief namhafte Künstler verschiedener Genres als Meister, darunter Lyonel Feininger, Johannes Itten, Paul Klee, Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky und wollte zunächst, dass die Schule allen Talenten «ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht» offensteht.
Aber als sich dann mehr Frauen als Männer meldeten, fürchteten die Meister um das Ansehen der Schule und ihre Stellung. Der Wille zur Gleichberechtigung schrumpfte schon bald, und die Frauen wurden in die ‹Kunstgewerbe›-Ecke (Handweberei) abgeschoben, wo sie allerdings auch kommerziell sehr erfolgreich waren und der Textilkunst neue Impulse verliehen. Gleichwohl gab es Frauen, die sich auch in Keramik, Wandmalerei, Möbelgestaltung und Foto-grafie durchsetzen konnten und als Lehrkräfte Zeichen setzten. Doch die Namen und Verdienste von Anni Albers, Marianne Brandt, Gunta Stölzl, Otti Berger, Ilse Fehling, Margarete Heymann, Lou Scheper, Gertrud Arndt usw. sind heute weit weniger geläufig als jene der Bauhaus-Männer. Das wird sich im Jubiläumsjahr hoffentlich ändern.
Die Existenz dieser pionierhaften Bildungsstätte war frei-lich gefährdet, nach vier Jahren in Weimar musste sie aus politischen Gründen nach Dessau umziehen, wo sie 1932 geschlossen wurde. Sie überlebte noch ein Jahr als Privat-initiative in Berlin, bevor die Nazis die Aufgabe erzwangen. Doch viele der visionären Bauhaus-Ideen wurden in alle Welt getragen und kreativ weiterentwickelt – etwa in Israel, Japan, Mexiko und der Sowjetunion – und sind heute noch lebendig.