Nicole Reinhard, Foto: zVg
ProgrammZeitung aus dem Novemberheft 2020, S. 9
Aus Leidenschaft für den Film
Sabine Knosala
Seit 15 Jahren leitet Nicole Reinhard das Stadt-
und Landkino.
Nicole Reinhards Herz schlägt für den Film: Das merkt man sofort, wenn man der 52-Jährigen gegenübersitzt. Ursprünglich als Übersetzerin ausgebildet, arbeitete die Zürcherin schon in jungen Jahren bei diversen Filmfestivals wie den Kurzfilmtagen Winterthur und absolvierte mit Mitte 20 zusätzlich ein Studium der Filmwissenschaften und Geschichte.
2005 übernahm Reinhard dann die Leitung des Stadtkinos Basel und seines Pendants im Baselbiet, des Landkinos, die beide vom Verein Le Bon Film betrieben werden. «Hier schätze ich den grossen Gestaltungsspielraum und das neugierige Publikum», verrät sie. Damals sah das Stadtkino noch ganz anders aus: Der Vorraum zum Kinosaal war komplett in Weiss gehalten, «fast museal», erinnert sich Reinhard. Das liess sie bei einem Umbau 2007 ändern, als ein Barbereich eingebaut und Farbe ins Spiel gebracht wurde.
Lustvolles Entdecken.
«Das Stadtkino soll ein lebendiger Ort sein, an dem man Filmen und Menschen begegnen kann und der lustvoll und freudig zum Entdecken einlädt», lautet die Devise der Direktorin. Alle Altersgruppen sollen angesprochen werden. Daher baute Reinhard die Zusammenarbeit mit Schulen, Hochschulen und Universität aus, entwickelte beispielsweise zusammen mit den jungen Filmbegeisterten vom Verein «KinoKonkav» ein Spezialprogramm mit Fokus Kunst und Experimente. Zudem setzt sie verstärkt auf Live-Events und holt immer wieder wichtige Persönlichkeiten des europäischen Films nach Basel, die man dann im Stadtkino treffen kann.
Bei der Programmgestaltung unterscheidet sich das Stadtkino bewusst von herkömmlichen Premierenkinos: «Wir sind gewagter und experimentierfreudiger, leisten uns auch mal etwas Kantiges», erklärt Reinhard, die sich privat auch gerne mal einen Horrorfilm anschaut. Wichtig ist ihr die Balance zu finden, zwischen herausfordernden Inhalten und solchen, die ein breites Publikum ansprechen. «Für mich ist ein Film gut, wenn er mich erzählerisch überzeugt, visuell betört und er eine innere Wahrheit hat», meint sie.
Landkino ausgebaut.
Höhepunkte gab es für Reinhard in den letzten 15 Jahren viele: Da wäre aus künstlerischer Sicht zum Beispiel das Buster-Keaton-Stummfilmfestival zu nennen. Betrieblich gesehen war es unter anderem die Wiedereröffnung des Landkinos vor drei Jahren: Zwar gab es das Landkino im Kino Sputnik in Liestal bereits seit 2004. Es musste aber 2016 wegen politischer Querelen ein Jahr pausieren. Heute umfasst das Landkino nicht nur den Standort in Liestal, sondern auch das Marabu in Gelterkinden und das Fachwerk in Allschwil.
Weitere Meilensteine unter ihrer Leitung waren die Gründung des Filmarchivs «Kinemathek Le Bon Film» 2008, des «Bildrausch»- Filmfestivals 2011 sowie die Aufnahme des Stadtkinos in die Fédération Internationale des Archives du Film diesen Sommer.
Reinhard, die 2011 für ihr Filmengagement zur französischen Ritterin geschlagen wurde, glaubt fest an die Zukunft des Kinos: «Die wirklich interessanten und eigenwilligen Filme findet man kaum auf iTunes oder Netflix. Daher werden sich Menschen auch weiterhin in einen dunklen Raum setzen und dem Charme der grossen Leinwand erliegen.»