«Die Märchen von Michael Köhlmeier», Foto: zVg
ProgrammZeitung aus dem Novemberheft 2020, S. 17
Von Teufel bis Wilde
Verena Stössinger
Das Vorstadttheater zeigt Michael Köhlmeiers apokalyptische Traumwelt.
Matthias Grupp ist ein vornehmer, pfiffiger Teufel. Er trägt Zylinder, Mantel und Pelzkragen, kauert mit aufgestelltem Pferdefuss vor einem Wandbild voll skurriler Wunder-wesen, die aus Sagen, Träumen und Albträumen zu stammen scheinen und kündigt die neue Hausproduktion an: «Die Märchen von Michael Köhlmeier».
«Eigentlich ist es eine Notproduktion», sagt Gina Durler, die seit Jahren zusammen mit Matthias Grupp das Vorstadt-theater leitet. Als Corona alles stilllegte, war man mitten in den Proben zu einer grossen Produktion; sie lässt sich nun erst 2021 fertigstellen. Womit die Herbstlücke füllen? Mit Märchen, waren sich beide bald einig; und als sie auf Michael Köhlmeiers 151 «Märchen» stiessen (2019 bei Hanser erschienen), hatten sie auch schon den Stoff. Eine «expressive und apokalyptische Traumbilderwelt» mit Himmel, Hölle und allem dazwischen, in die das Schicksal einbricht und das Unerklärbare. Es sind Texte, die knapp und grell «Zeitloses, das ewig wahr bleibt», erzählen, wie Gina Durler sagt, auch wenn sie im Köhlmeierschen Kosmos angesiedelt sind. Nicht alle enden gut, und der Teufel mischt gerne mit. «Die Wilde» in Niederösterreich, das unzivilisierte Wesen, das die Dörfler fürchten und töten, wird vom Wald gerächt; die aus vielen Sagen bekannte wilde Jagd – hier angeführt von Berchtold, Frau Holle und dem Tod – scheitert an der zähen und listigen Liebe Antons zu seiner Ursula, wogegen der «Pestmann» ungerührt tötend durch das oberbayrische Bichl zieht – als sei er ein Corona-Superspreader.
Märchen im Fokus.
Matthias Grupp, der Hausregisseur, spielt und sekundiert diese Erzählungen, angeheizt vom Musiker Florian Grupp und Gina Durler, die Schauspielerin, inszeniert. Fast zum ersten Mal; «es ist eine spannende neue Funktion», sagt sie. Köhlmeiers Märchen sind Teil der neuen Themenreihe «Und so leben sie noch heute» bestehend aus «Erzählstunden» mit Alexandra Frosio und Hansjürg Müller, einem Gastspiel von Margrit Gysin, der Wiederaufnahme der verspielten Hausproduktion «Bambi» und einem Podiumsgespräch über Mythen, Fabeln und Märchen, bei dem auch Michael Köhlmeier anwesend sein wird.
«Die Märchen von Michael Köhlmeier»: Geeignet
ab 12 Jahren, ab Fr 20.11., jeweils 20 h, Vorstadttheater Basel, www.vorstadttheaterbasel.ch