Ludovic van Hellemont, Foto: zVg
ProgrammZeitung aus dem Februarheft 2023, S. 12
Ausloten von Grenzen
Ruedi Ankli
Das «Hear and now»-Festival in Liestal bewegt sich zwischen Jazz und Neuer Musik.
Man muss sich den Namen «Hear and now» buchstabieren lassen, will man ihn richtig schreiben. Das Wortspiel mit «here and now» sagt viel über die Ausrichtung des weltoffenen Festivals aus, das Anfang Februar auf diversen Liestaler Bühnen stattfindet. Es geht um Jazz und Neue Musik, um Improvisation und Wortkunst, aber wichtiger als die Genre-Treue ist das Ausloten von Grenzen jeder Art. Vom Publikum wird jedenfalls ein offenes Ohr erwartet, für die Musik wie für die Wortkunst.
Den Auftakt macht das Vertigo Trombone Quartet. Gleich vier Posaunisten – unter ihnen Nils Wogram – kratzen an den stilistischen Grenzen von Jazz, Klassik und freier Improvisation auf der Suche nach einem ebenso leichtfüs-sigen wie komplexen Sound.
Sogar eine eigene, imaginäre nordische Sprache haben
die drei Sängerinnen von Norn erfunden. Zu ihrem Programm «Fridj» gehören Klänge, die wie Echos von Stammesriten tönen, poetische Texte in alltäglicher Sprache und ein grenzenloses Repertoire an kontrast-reichen Vokalelementen.
Von diesem Vokaltrio zur «Sound Poetry» des Trios Acts! ist der Schritt nur klein. Die Stimme von Ana Cop, das Klavier von Thilo Seevers und das aus viel Elektronik bestehende Sound Design von Jaka Arh streben nach einer neuartigen Ästhetik, die mit Jazz und dem freien Umgang mit poetischen Texten zu tun haben.
Klangwolken.
Geradezu «berauschende Klangwolken» verspricht das Duo Hely des Pianisten Luca Fries und des Drummers Jonas Ruther. Ziel ist eine Klangintensität, die aus dem Moment entsteht. «Spezielle Klanglandschaften» sind von Mauricio Silva Orendain zu erwarten. Der Mexikaner mischt dem akustischen Konzept von Hely nebst einem präparierten Klavier auch eine tüchtige Portion Electronics bei. Apropos: Am Original des präparierten Klaviers orientiert sich Ludovic van Hellemont, der sich an John Cage und dessen «Sonatas and Interludes for Prepared Piano» misst.
Zweifellos steht auch die international aufstrebende Harfenistin Julie Campiche auf ihrer CD-Release-Tour für «You Matter» für innovativen Sound. Wer befürchtet, von den traditionellen Harfenklängen bezirzt zu werden, ist auf dem Holzweg. Die Bandleaderin bewegt sich, getrieben von immer neuen Impulsen, zwischen Jazz, Klassik, E-Musik und Avantgarde, im Austausch mit den ebenso neugierigen wie brillanten Leo Fumagalli (Sax), Manu Hagmann (Bass) und Clemens Kuratle (Drums).
Weiter hören wir Bands wie die Thomy Jordi Group im Bereich des Rockjazz, das Stephanie-Lottermoser-Quartett im Soul und Funk oder das Dario-Napoli-Trio mit seinem Modern Manouche Project auf den Spuren von Django Reinhardt.
Festival «Hear and now»: Do 2.2. bis So 5.2., Kulturscheune, Hebdi Boulderhalle, Klavierwerkstatt, Kantonsbibliothek Baselland, Liestal, www.hearandnow.ch