Sammlungsleiterin Graziella Tecl im Ausstellungsraum,
Foto: Sabine Knosala
ProgrammZeitung aus dem Februarheft 2023, S. 21
Eine fürs Boudoir, eine für den Salon
Sabine Knosala
Die Sammlung Andreas Ernst mit rund 70 antiken Pendeluhren in Muttenz ist immer noch ein Geheimtipp.
«Uhren repräsentieren ihre Entstehungszeit: Sie sind Zeitzeugen, Kunsthandwerk, Mechanik und Wissenschaft in vollkommener Einheit», sagte Andreas Ernst (1952–2019). Der Biochemiker und Geschäftsführer der Karl Meyer-Spinnler AG in Muttenz sammelte sein Leben lang antike Pendeluhren. So kamen über die Jahre rund 70 Exemplare aus dem 17. bis 19. Jahrhundert zusammen, die vorwiegend aus Frankreich stammen und damals das Boudoir oder den Salon der Oberschicht schmückten.
Nach Ernsts Tod gründete seine Witwe Io Hermann die Andreas Ernst Stiftung, um die exquisite Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da kein Museum die Pendeluhren ausstellen konnte, beschloss Hermann kurzer-hand, auf ihrem Grundstück selber einen Raum dafür bauen zu lassen. So entstand ab 2019 an der Obrecht-strasse, mitten im Muttenzer Wohngebiet, ein 100 Qua-dratmeter grosser Ausstellungsraum, ergänzt durch eine zum Atelier umgebaute Garage. Das Ensemble wurde im Dezember 2021 eröffnet – aufgrund der Pandemie weitgehend unbemerkt von der grossen Öffentlichkeit.
Geleitet wird die Sammlung von der Kunsthistorikerin und Journalistin Graziella Tecl, die sich von der Auswahl der Exponate über die Führungen bis zur Social-Media-Präsenz um alles kümmert. «Unser Ziel ist es, die Pendeluhren wissenschaftlich aufzuarbeiten und dieses Wissen dann zu vermitteln», sagt Tecl. Die Bevölkerung solle mit den Uhren in Berührung kommen, nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder, so die zweifache Mutter.
In der Ausstellung werden rund 25 Exemplare zu einem regelmässig wechselnden Thema gezeigt. Aktuell sind unter dem Motto «Von Mythen und Geschichten» französische Bronzependulen aus dem frühen 19. Jahrhundert zu sehen. Ganz dem damaligen Zeitgeist entsprechend feiern sie sowohl stilistisch wie auch inhaltlich die römische und griechische Antike. Die Informationen dazu kann man auf einem iPad abrufen. Ansonsten steht Tecl für Fragen zur Verfügung.
Hohe Uhrmacherkunst.
Eine besonders raffinierte Uhr begrüsst die Besucherinnen und Besucher gleich zu Beginn der Ausstellung: Bei «L’ami-tié couvrant les heures» verdeckt eine antik anmutende Frauengestalt, welche die Freundschaft darstellt, einen Grossteil der Stunden mit einem Tuch. «Trotzdem kann man die Zeit ablesen, denn statt der Zeiger bewegt sich das Zifferblatt», verrät Tecl. Das Modell, das 1806 an einer Ausstellung in Frankreich die Silbermedaille gewann, wurde in limitierter Auflage produziert. Eines der noch erhaltenen Exemplare steht heute in der Eremitage in
St. Petersburg.
Ein Highlight sind sicher die Führungen, die Tecl zusam-men mit dem Basler Uhrmacher John Joseph organisiert: Dabei wird die Gruppe zuerst von der Kunsthistorikerin fachkundig durch die Ausstellung geführt und erhält dann vom Uhrmacher im Atelier praktische Informationen über Bau, Restaurierung etc.
Sammlung Andreas Ernst: geöffnet jeden letzten Sonntag
des Monats von 14 bis 17 h (ausser im Mai, Juli und Dezember)
oder nach Absprache (Tel. 061 461 80 18,
Mail info@sammlungandreasernst.ch), Obrechtstr. 14, Muttenz.
Der Eintritt ist gratis (Führungen kostenpflichtig),
www.sammlungandreasernst.ch
Gratisführungen für Abonnentinnen
und Abonnenten
Wer die ProgrammZeitung abonniert hat, kann kostenlos an einer exklusiven Führung durch die Sammlung Andreas Ernst in Muttenz teilnehmen: Zuerst erklärt die Kunsthisto-rikerin Graziella Tecl die Pendeluhren. Danach erhalten
die Teilnehmenden durch den Uhrmacher John Joseph Einblick in die Technik der Exponate (Dauer insgesamt circa 1,5 Stunden).
Die Führungen finden am Donnerstag, 9. März, um 17 Uhr und am Samstag, 11. März, um 15 Uhr statt.
Wer dabei sein möchte, schickt bis Montag, 6. März, eine
E-Mail mit dem Betreff «Sammlung Andreas Ernst» an die Adresse info@programmzeitung.ch.
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