«Mickey Snake» von 2015 ist eine der wenigen Plastiken in der Ausstellung «Banksy. Building Castles in the Sky» in der Messe Basel, Foto: Sabine Knosala
Kontroverse um Banksy
Editorial aus ProgrammZeitung Aprilheft 2021
25.3.2021
Sabine Knosala
Darf man Kunst ausstellen, obwohl der Künstler das
gar nicht will? Diese Frage stellt sich bei der Banksy-Ausstellung in Basel.
Der britische Street-Art-Künstler Banksy ist ein Phantom: Seit 20 Jahren taucht er irgendwo auf der Welt auf, sprayt seine charakteristischen Schablonen-Graffiti und ist verschwunden, bevor seine Identität bekannt wird. Das hat einen regelrechten Hype um ihn ausgelöst: Obwohl der Künstler stets den Kapitalismus kritisiert hat, sind seine Werke heute Millionen wert. Dabei profitiert am wenigsten Banksy selbst: Da er anonym bleiben will und sich die Bilder meist im öffentlichen Raum befinden, sind sie weder durch Urheber- noch durch Markenrechte geschützt. Ein gefundenes Fressen für alle, die damit Geld verdienen wollen.
Daher werden immer wieder Ausstellungen durchgeführt, die nicht von Banksy autorisiert sind – so nun auch in Basel. Organisatoren sind die italienische Associazione Culturale Metarmofosi, die bereits mehrfach rechtlich nicht geschützte Kunst ausgestellt und dafür Eintritt verlangt hat, und die Londoner Galerie Acoris Andipa, die selbst mit Banksy-Bildern handelt.
Gezeigt werden über 100 Werke des Street-Art-Künstlers – vom legendären «Girl with Balloon» bis zum «Flower Thrower». Dabei stellt sich noch ein weiteres Problem: Zu sehen sind vor allem Drucke nach den originalen Wandmotiven. Diese sind zwar interessant anzuschauen, wirken aber ohne den öffentlichen Raum, in dem sie ursprünglich entstanden, um ihren Kontext und die dritte Dimension beraubt.
Banksy selbst hält von solchen Ausstellungen wenig: «Sie wurden ganz ohne Wissen und Mittun des Künstlers organisiert. Bitte behandelt sie entsprechend», schreibt er auf seiner Homepage. Mehr bleibt dem Street-Art-Künstler auch gar nicht übrig, hatte er doch einst selbst den Spruch geprägt: «Urheberrecht ist für Verlierer.»
Reiches Kunstangebot im April.
Weniger kontrovers ist dagegen der Besuch anderer Ausstellungen in Basel. Diesbezüglich können Kunstfreundinnen und -freunde im April aus dem Vollen schöpfen: Jetzt kann man Ausstellungen sehen, die im Winter aufgebaut wurden, aber bis vor einem Monat noch nicht besucht werden konnten, wie unter anderem Joachim Bandaus «Die Nichtschönen» in der Kunsthalle Basel. Dazu kommen all jene Ausstellungen, die regulär im Frühling eröffnet werden – zum Beispiel «Sophie Taeuber-Arp. Gelebte Abstraktion» im Kunstmuseum Basel. Über beides berichten wir in dieser Ausgabe.
Schwerer haben es dagegen andere Kulturbereiche wie Kino, Musik, Theater und Tanz: Am 19. März, und damit wieder einmal kurz vor Abschluss der ProgrammZeitung, hat der Bundesrat entschieden, dass bis Mitte April keine Kulturveranstaltungen erlaubt sind. Wie es danach weitergeht, bleibt unklar. Daher haben viele Kulturbetriebe ihre Events im April abgesagt, verschoben oder führen sie als Livestream durch. Nichts desto trotz haben wir auch diesmal Artikel aus allen Sparten für Sie zusammengestellt – von einem Blick hinter die Fassade des Filmhauses Basel über ein doppelseitiges Interview zum 20-Jahre-Jubiläum von Ballettdirektor Richard Wherlock bis hin zum neuen Frauenstadt-Rundgang, der bereits im privaten Rahmen gebucht werden kann. Ein bunter Strauss an Streaming-, CD- und Büchertipps für den Kulturgenuss zu Hause runden den redaktionellen Teil ab: Hervorzuheben ist unter anderem ein Musiktheater im Gare du Nord, das ursprünglich für April 2020 geplant war und nun in seiner coronabedingt sechsten Fassung als Livestream aufgeführt wird.
Hilfe zur Selbsthilfe.
Dass die Situation in der Kulturbranche keine einfache ist, liegt auf der Hand: Daher bieten einige Akteure Hilfe zur Selbsthilfe an. Jüngst haben sich mehrere Kleinkunstagenturen zusammengetan und ermöglichen es Bühnenkunstschaffenden und Veranstaltenden sich online zu vernetzen. Andere Kulturbetriebe äusserten sich nach dem letzten Bundesratsentscheid kritisch in der Öffentlichkeit wie zum Beispiel das Theater Basel: «Für uns ist die andauernde Schliessung eine extreme Belastung: finanziell, aber zunehmend auch psychisch», lässt sich Intendant Benedikt von Peter zitieren.
Einen besonderen Weg, mit der Pandemie umzugehen, hat die Basler Künstlergesellschaft gefunden: Ihre Mitglieder haben sogenannte Begegnungsfahnen gestaltet, die bis Mitte April auf dem Basler Münsterplatz hängen. Die bunten Fähnchen sollen «ein positives Zeichen des Miteinanders setzen und Freude bereiten». Und wer weiss, vielleicht tragen sie, ähnlich wie die buddhist-ischen Gebetsfahnen, diese positive Botschaft in den Himmel?
«Banksy. Building Castles in the Sky»: bis So 30.5., Messe Basel, www.banksybasel.ch