Beleuchtung der Nullenergie-Medienfassade des Novartis Pavillons, Foto: zVg
Kunst und Architektur
Editorial aus ProgrammZeitung Maiheft 2022
21.4.2022
Sabine Knosala
Drei Kunst-am-Bau-Projekte bewegen in Basel momentan die Gemüter – eines aus der Gegenwart, eines aus der Vergangenheit und eines aus der Zukunft.
Am 30. April wird auf dem Novartis Campus der Novartis Pavillon eröffnet, der vom Mailänder Architekten Michele De Lucchi entworfen wurde. Das öffentlich zugängliche Gebäude beherbergt im Parterre ein Foyer für wissen-schaftliche Veranstaltungen, ein Café und ein interaktives Angebot für Schulklassen. Im Obergeschoss befindet sich die multimediale Ausstellung «Wonders of Medicine», die Themen wie die Rolle von Pharmafirmen bei der Ent-wicklung von Medikamenten behandelt.
Der eigentliche Clou ist jedoch die Nullenergie-Medienfas-sade: 30 000 LEDs werden von 10 000 organischen Solar-zellen zum Leuchten gebracht. Dadurch kann die Fassade einerseits unterschiedlich bespielt werden, je nachdem, was gerade im Pavillon läuft. Andererseits werden jeweils bei Sonnenuntergang während 30 Minuten eigens dafür geschaffene Video-Kunstwerke gezeigt. Den Anfang machen Arbeiten des Spaniers Daniel Canogar, der Baslerin Esther Hunziker und des britischen Duos Semiconductor.
Der Neubau begeistert jedoch längst nicht alle: Er wirke überdimensioniert und dominiere den Park zwischen Voltastrasse und Campus-Bebauung, kritisiert der Blog Architektur Basel. Auch dem nächtlichen Beleuchtungs-spektakel kann der Blog, der von einem Kollektiv junger Architektinnen und Architekten betrieben wird, nur wenig abgewinnen: «Das ‹Prinzip Fasnacht› ist hier offensichtlich gestalterisch Pate gestanden. Man wünscht sich insgeheim, dass die effekthascherische ‹Medienfassade› nicht allzu oft bespielt wird ...»
Verlust.
Mehr Wohlwollen gibt es dagegen in breiten Kreisen für die Panton-Passage im Universitätsspital, durch die wohl jede Baslerin und jeder Basler schon einmal geschritten ist. Die Vorgeschichte: Ende der 70er Jahre gestaltete der dänische Designer Verner Panton (1926–1998) den 100 Meter langen Fussgängertunnel zwischen dem Parkhaus und dem Spital in bunten Spektralfarben und schaffte es so, dem fensterlosen Unort eine angenehme Atmosphäre zu ver-leihen. Damit könnte es aber bald vorbei sein: Im Rahmen des Neubaus des Klinikums II soll auch die Passage abgeris-sen werden, obwohl ein kunsthistorisches Gutachten
dies als «grossen Verlust für das gesamte Œuvre des welt-bekannten Designers wie auch für den Kunst- und Kultur-standort Basel» bezeichnet. Das stösst dem Heimatschutz Basel und der freiwilligen Basler Denkmalpflege Baukult sauer auf, die Anfang Februar auf das Problem aufmerksam machten. Schützenhilfe erhielten sie vom Journalisten Remo Vitelli, der Mitte März eine Petition lancierte. Stand heute (20. April) liegen bereits 1391 von 2000 benötigten Unterschriften vor. Man darf also gespannt sein, wie die Stadt mit Pantons Erbe umgehen wird.
Pionierrolle.
«Fortsetzung folgt» heisst es auch auf dem Kasernenareal in Basel: Der Hauptbau wurde im Inneren zum kHaus trans-formiert, darüber berichten wir in dieser Ausgabe.
Für den Aussenbereich hätte der Kanton, wie so oft, ein Kunst-am-Bau-Projekt in Auftrag geben können. Er entschied sich jedoch für einen experimentellen Ansatz
und arbeitet dafür mit dem Verein Neue Auftraggeber Schweiz zusammen, der sich an die französische Tradition der «Nouveaux Commanditaires» anlehnt. Interessierte Quartierbewohnerinnen und -bewohner konnten Mitte März ihre Wünsche und Anliegen an ein Kunstprojekt einbringen. Im engen Austausch mit dem Verein gibt eine Nutzergruppe ein Kunstwerk in Auftrag. Ziel ist es, das Werk besser in der Bevölkerung zu verankern. Mit dem konsequent partizipativ und dialogisch ausgerichteten Projekt beweist die Kulturabteilung Basel-Stadt Mut und übernimmt eine Pionierrolle in der Deutschschweiz.
Selber erleben.
Um Kunst und Architektur geht es auch in der Mai-Pro-grammZeitung: Wir erklären, wer dieses Jahr die Aussenfassade des Kunsthauses Baselland gestaltet hat, stellen den temporären Pavillon vor, der im Rahmen der ersten Architekturwoche Basel auf dem Dreispitz entsteht und weisen auf Open House hin, wo man spannende Gebäude von innen besichtigen kann.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spass beim Blick auf und hinter die Fassaden in Basel!