Zum 25-Jährigen stehen Brandhärd im November mit neuen Tönen auf der Kasernenbühne, Screenshot: Youtube
ProgrammZeitung aus dem Novemberheft 2022, S. 9
Neue Töne zum 25-Jährigen
Benedikt Lachenmeier
Basels wohl harmonischste Dreiecksbeziehung feiert
ihr Silbernes. Doch Gratulationen mag Joël Gernet von Brandhärd keine hören.
«Ja, es ist wieder ein Jubiläum. Darum ist es unfassbar wichtig, haben wir neue Songs am Start», setzt Joël Gernet, das Sprachrohr von Brandhärd, die Perspektive nach vorne. Das 20-Jährige zelebrierte die Band noch mit live eingespielten Klassikern ihrer Karriere. Doch nach diesem «1997»-Album haben sich Fetch – wie sich Gernet bei Brandhärd nennt – und seine Mitstreiter Fierce und Johny Holiday offenbar genug in alten Tagen gesuhlt. «Selbst unsere treuesten Fans haben unsere Hits irgendwann gehört. Und wir selbst haben wohl am meisten Bock auf neue Töne.»
13 Songs sind es geworden. Aufgenommen im Milieu Studio, hauptsächlich produziert von Fierce – aber auch von DJ Johny Holiday. Etwa die Vorabsingle «Grauschwarz». Sie schlägt neue Töne an: schleppender Beat, nachdenkliche Zeilen. «Wir hatten immer eine bitter-süss melancholische Note», so Gernet. «Doch okay, nun ist sie düster.» Ungewohnte Klänge für eine Combo, die sich 2003 mit den «Noochbrand»-Zeilen, «Feschted mit uns als gäbts kei Zuekunft…» in die kulturelle Historie der Stadt einbrannte und seither sämtliche Konzertorte Basels zu Hüpfburgen für post-infantile Erwachsene macht. Ist die Party nun vorbei? «Nein, nein!», wehrt Gernet lachend ab: «Das Album hat auch andere Beats. Die kindliche Euphorie, das infantile Ventil wird mit zunehmendem Alter sogar wichtiger – als Ausgleich zum Alltag.»
Narrenfreiheit dank Respekt.
Aber klar stehen die drei Familienväter nach 25 Jahren Brandhärd und mit heute zusammengezählt sieben Kindern anders im Leben und auf der Bühne als damals, als sie gemeinsam in Allschwil die Schulbank drückten. «Nun sind wir in der Szene wohl die erfahrenen OGs, die alles ein wenig relaxter angehen», ortet sich Gernet. Und wie sieht er die Entwicklung des Hip-Hops? «Ein Album war früher allein vom technischen Aufwand her viel schwieriger zu produzieren. Dafür war mehr DIY-Mentalität in der Szene: DJing, Rap, Breakdance und Graffiti – die vier Säulen des Hip-Hops wurden gelebt, und man hat sich gegenseitig geholfen.» Und heute? «Heute schielt viel Hip-Hop auf Kommerz. Früher war das der Todes-Diss. Ich sehe darin auch Positives. Die Subkultur hat sich zum erfolgreichsten Musik-Genre entwickelt, wurde facettenreicher, diverser, tiefsinniger und erreicht ein breiteres Spektrum an Menschen. Ich gehe heute auch bewusster mit Worten um.»
Vielleicht beschreibt Gernet so auch sein eigenes Coming-of-Age. Egal. All die weisen Worte werden vergessen sein, wenn Brandhärd in der Kaserne die neue Platte feiert. Die alten Klassiker werden dort kaum fehlen. Und falls Gernet das Silberne wirklich nicht feiern will: The Fire, ihre vierköpfige Live-Band, feiert heuer das Zehnjährige.
Brandhärd, Album «Bländet vom Liecht»: Radicalis
(erscheint Fr 4.11.)
Brandhärd, Konzert «25 Joor»: Sa 12.11., 20 h, Kaserne Basel, www.kaserne-basel.ch